Harems waren nicht einfach Separées, in denen für den Herrscher ständig neue Frauen „vorrätig gehalten wurden“. Die Damen wurden in vielerlei Künsten unterrichtet wie beispielsweise im Tanzen. Sie wurden erzogen zu vollendeten Formen der Demut und Hingabe. Doch da es sich oft um Hunderte miteinander rivalisierender Damen handelte, gab es Intrigen, gelegentlich auch Mord und Totschlag. Die zur Aufsicht eingesetzten Eunuchen konnten sie nicht immer verhindern.

Besonders eindrucksvoll ist das Topkapi Serail in Istanbul. Auf türkisch heißt die prachtvolle Anlage Topkapi Sarayi, was wörtlich übersetzt „Kanonentor-Palast“ bedeutet. In diesem von Süleyman dem Prächtigen erbauten Serail hatten die Sultane jahrhundertelang ihren Wohn- und Regierungssitz. Den Harem im Tokapi-Palast erweiterten die Nachfolger Süleymans zu einer intimen kleinen Stadt, die durch Mauern von der Außenwelt abgeschirmt und strengstens bewacht war. Sie umfaßte schließlich 400 Räume, zehn Bäder, zwei Moscheen, ein Hospital und ein Gefängnis.

Doch es waren immer nur die Schönheit und Exotik der hier wohnenden Orientalinnen, von denen die Künstler sich faszinieren ließen. Sie standen für freie Sexualität und damit war die Haremswelt eine Art Gegenentwurf zu dem im 19. Jahrhundert sehr engen moralischen Sittenbild der Europäer.

Badeszenen waren bei den Künstlern besonders beliebt
Besonders der Alltag der gefangenen Schönheiten regte die westlichen Künstler zu faszinierenden Darstellungen an: sie zeigen die Haremsdamen beim Tanz, beim Rauchen der Huka-Wasserpfeife oder, wenn sie nicht gerade ihren Herrscher verwöhnen durften, einfach beim Müßiggang. Eine der beliebtesten Szenen war jene des Bades, bot sie doch die Möglichkeit, beliebig viele Körper mit gutem Grund nackt darzustellen.

Der Rundgang durch diese Phantasiewelt beginnt außerhalb der Abgeschlossenheit des Harems mit pittoresken Darstellungen der orientalischen Landschaft oder der Geschäftigkeit der Sklavenhändler und führt anschließend am Haremswächter vorbei in die geheimnisumwobenen Innenräume der Haremsgemächer.

(Quelle: Eberhart Wagenknecht, Eurasisches Magazin 07-05 – 31.07.2005)